Chiasamen vs. Leinsamen – exotische Mikronährstoffbombe gegen regionales Superfood

Wir schauen uns beide Kandidaten heute genauer an und ziehen unseren Vergleich.

# Fettprofil

Beginnen wollen wir mit dem Fettsäureprofil beider Samen. Wegen ihres hohen Anteils an Omega3-Fettsäuren werden Chiasamen und Leinsamen immer wieder in der vegetarischen und veganen Ernährung wärmstens empfohlen.
Omega3-Fette sind unter anderem ein wichtiger Baustein unserer Zellmembranen und an Immunreaktionen in unserem Körper beteiligt. Es gibt drei Hauptvertreter: α-Linolensäure (ALA) aus Pflanzen, Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) die überwiegend in Fisch vorkommen. Wobei die beiden letzten die wichtigsten für den Menschen sind.
 EPA und DHA können zwar in mehreren Stufen aus ALA gebildet werden, doch ist die Umwandlungsrate (ca. 5%) sehr sehr gering.

Chia und Leinsamen haben ähnliche Mengen an α-Linolensäure.
So wäre der Stand eigentlich 1:1. Dennoch sollten wir immer im Hinterkopf behalten, dass die Umwandlung in wirklich wichtige Omega3 eher schlecht ausfällt und Vergleiche wie: „Chia hat acht mal soviel Omega3 wie Lachs“ hinken.

Chiasamen 1 : 1 Leinsamen

# Makronährstoffe

Da beide Samen gehen beide beim Thema Makronährstoffe in eine ähnliche Richtung … viel Fett, eine kleine Portion Eiweiß und sehr wenig Kohlenhydrate.
Im direkten Vergleich haben Leinsamen noch ein bisschen mehr Fett. Chiasamen dafür ein wenig mehr Kohlenhydrate.
Beim Thema Protein haben Leinsamen die Nase vorne. Da es nicht ganz so einfach ist das tierisches Protein, welches in unserer Ernährung meist einen größeren Anteil ausmacht, durch wertvolles pflanzliches Protein auszugleichen, geht unser Punkt hier an die Leinsamen.

Chiasamen 1 : 2 Leinsamen

# Mikronährstoffe

Beide Samen sind beim Thema Mikronährstoffe und Co. wahre Powerhäuser. Während Leinsamen mit mehr Magnesium, Kalium, B1 und Folat glänzen, haben Chiasamen doppelt soviel Kalzium, sehr viel Eisen und viele Antioxidantien.

Dennoch gibt es wiederum einen Haken. Wie alle Samen beinhalten beide Antinährstoffe (Phytinsäure und Oxalate) die einen Teil der Nähstoffe binden und den Körper daran hindern sie aufzunehmen.
Ein Aussage zur tatsächlichen Nährstoffausbeute ist also schwer einzuschätzen.

Aus unserer Sicht wieder ein Unentschieden.
Chiasamen 2 : 3 Leinsamen

# Kalorienbilanz

Wer ein bisschen auf seine Kalorienbilanz achten möchte kann hier einen Punkt für die Chiasamen verbuchen. Denn diese haben mit 486 kcal auf 100g ca. 50 kcal weniger als Leinsamen.

Chiasamen 3 : 3 Leinsamen

# Geschmackserlebnis

Beim Geschmack scheiden sich die Geister. Der eine liebt die nussige und doch eigenartige Geschmacksnote der Leinsamen, der andere schätzt den eher neutralen Geschmack der Chiasamen.
Wir mögen beides … das Kernige in einem Früchte-Leinsamen-Müsli und den neutralen Geschmacksträger in einem Chia-Kokosmilch-Dessert.

Chiasamen 4 : 4 Leinsamen

# Ökobilanz und Regionalität

Ein Bereich in dem unbestreitbar die in unserer Klimazone beheimateten Leinsamen den Punkt einfahren, ist die Ökobilanz und Regionalität. Während der Chiasamen einen langen, langen Weg aus Südamerika in unsere Supermärkte zurücklegt, gibt es den Leinsamen fast um die Ecke. 😉

Chiasamen 4 : 5 Leinsamen

# Preis

Der lange Importweg schlägt sich ebenfalls im Preis nieder. So muss man für Chiasamen beim Einkauf ungefähr das dreifache einkalkulieren. Ein Punkt auf das Konto Leinsamen.

Chiasamen 4 : 6 Leinsamen

# Joker

Drei Joker werden wir noch verteilen:

Einen für den hohen Gehalt an löslichen Ballaststoffen der Chiasamen der sich positiv auf die Blutfettwerte (Cholesterin) auswirken kann.

Den anderen dafür, dass Chiasamen direkt und unverarbeitet aus der Packung genutzt werden können – Leinsamen sollten dagegen geschrotet oder gemahlen werden um ihre Wirkung entfalten zu können.

Der letzte Joker geht an die Leinsamen: Sie sind vollgepackt mit Lignanen, einem sekundären Pflanzenstoff mit östrogenähnlicher Wirkung. Dieser kann Frauen bei Wechseljahresbeschwerden helfen und hat bereits bei manchen Brustkrebserkrankungen eine positive Wirkungen gezeigt.
Dennoch ist laut Stand der Wissenschaft noch nicht klar, ob diese östrogenähnliche Wirkung bei allen Menschen positiv und gewünscht ist.

# Fazit

Nach unserer Einschätzung gewinnen die Leinsamen knapp mit 7:6.
Wobei für uns eines der stärksten Argumente ist, dass der Leinsamen ein regionales Gewächs ist und der Chiasamen darüber hinaus keine weiteren gravierenden Gesundheitsvorteile bietet.
Da wir uns sehr gerne vielfältig ernähren, gönnen wir uns dennoch ab und an natürlich ein leckeres Chia-Dessert. 😉
Grundsätzlich bilden Leinsamen und Chia einen schönen Zusatz zu unseren ausgewogenen, nährstoffreichen Ernährung. 👍🏻

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Can adults adequately convert alpha-linolenic acid (18:3n-3) to eicosapentaenoic acid (20:5n-3) and docosahexaenoic acid (22:6n-3)?

The Promising Future of Chia, Salvia hispanica L.
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