Was ist die Muscle-Mind-Connection und was bringt die Muskel-Aktivierung?

Natürlich spielt die Anzahl der Muskelfasern, die Energie vor Ort, hormonelle Gegebenheiten und vieles mehr für die grundsätzliche Kraft eine Rolle. Aber ein Muskel ohne das Signal unseres Gehirns – das die einzelnen kleinen Fasern auffordert, sich zusammenziehen – bewegt sich keinen cm.

Mit schlechter Muscle-Mind-Connection bleibt viel Potenzial liegen … 

Vor allem bei komplexen Bewegungen und Übungen ist die Ansteuerung durch unseren Kopf sehr wichtig. Machen wir eine Bewegung an der viele Muskeln beteiligt sind, ganz ohne Nachdenken, wird der dominanteste und stärkste Muskel gewöhnlich den Hauptteil der Arbeit verrichten. Ein gutes Beispiel ist die Kniebeuge: Bei manchen Menschen liegt der Schwerpunkt auf Vorderseite (Oberschenkel) und bei manchen auf der Rückseite (Po + Oberschenkelrückseite). Das führt dazu, dass die dominante Seite weiter wächst und viel Potenzial des Zusammenspiels beider Seiten auf der Strecke bleibt. Möchte man dies verändern und alle beteiligten Muskeln optimal einsetzten, bedarf es einer sehr bewussten Ansteuerung und „umlernen“ der Bewegung.

Mehr Aktivierung = mehr Kraft – betrifft nicht nur Muskeln, die offensichtlich in die Bewegung involviert sind, sondern eigentlich den gesamten Körper. Führen wir im Stehen eine Übung wie „Seitheben“ durch, werden wir mehr Kraft haben, wenn wir einen festen Stand und eine gute Spannung im Körper haben, als wenn wir uns gerade lässig gegen eine Wand lehnen.

Ziel der Optimierung der Muscle-Mind-Connection …

… ist es, die Verbindung zwischen Kopf und Muskel maximal auszureizen. Um eine optimale Ansprache innerhalb des einzelnen Muskels und zwischen den Muskeln zu bekommenSo erreichen wir die höchst mögliche Kraftentfaltung und somit auch einen optimalen Trainingsreiz. Denn spürst du deinen Muskel nicht, wird auch nicht viel passieren.

Weniger Gewichte, ähnliches Ergebnis

Ein sehr schöner Effekt der Muscle-Mind-Connection beim Training ist, dass es weniger auf das tatsächlich bewegte Gewicht ankommt, sondern auf Kontraktion der Muskeln. Das heißt: Du wirst bei einer sauber ausgeführten tiefen Kniebeuge mit weniger Gewicht einen besseren Trainingsreiz erhalten als bei einer halbherzigen, schwungvollen mit mehr Gewicht.

Als ich letzten Sommer drei Wirbel gebrochen hatte und meinen Körper nicht mit schweren Gewichten belasten durfte, habe ich nach drei Wochen angefangen, mit 2 kg-Hanteln zu trainieren. Durch eine hohe Konzentration auf die ausführenden Muskeln und eine Ganzkörper-Anspannung erreichte ich recht hohe Pulsbereiche und sogar Muskelkater am nächsten Tag. Also ein Plus für alle Homeworkouts mit wenigen Gewichten oder Gymnastikbändern –  bei richtiger Ausführung ist einiges möglich. Was dabei wichtig ist, könnt ihr im nächsten Abschnitt lesen.

Wichtige Faktoren und was hilft, die Verbindung zwischen Kopf und Muskel zu verbessern?

Aktivieren beim Aufwärmen 

Wissenschaftlich etwas umstritten, aus der Praxis aber bewährt ist die Aktivierung der gewünschten Muskeln beim Aufwärmen vor dem Training.

Ich persönlich erreiche eine wesentlich höhere Trainingsintensität mit größeren Kraft-Werten, wenn ich beispielsweise meine Gesäß-Muskulatur vorher mit einem Gymnastikband richtig zum Glühen bringe – denn dann spüre ich diese besser und kann sie besser ansteuern.

Grundsätzliche Koordination

Umso besser unsere grundsätzliche Koordinationsfähigkeit, desto leichter können wir eingefahrene Bewegungen anpassen und verändern. Denn das Körpergefühl ist besser und die Ansteuerung gelingt schneller.

Konzentration

Im Fitnessstudio sieht man öfter, wie manche bei Übungen einen komplett „leeren“ Blick haben. Dies ist meist ein Zeichen von extremer Konzentration und dass die Trainierenden gerade „in ihren Muskeln“ sind. Denn ohne Konzentration ist eine bewusste Verbindung von Gehirn zum Muskel extrem schwer.

Kein Umkehrschwung

Wenn du eine Bewegung machst und immer wieder an den Endpunkten pausierst, entspannt sich der Muskel weitestgehend. Bei der Bewegungseinleitung muss er wieder neu angesteuert werden – das schult ihn. Wenn du dagegen mit viel Schwung arbeitest, ist dies nicht ganz optimal.

Statische Übungen

Bei statischen Ganzkörperübungen wird vor allem das Zusammenspiel der Muskeln trainiert. Wenn du das nächste Mal eine „Plank“ machst, versuche noch bewusster jeden einzelnen beteiligten Muskel maximal anzuspannen. Du wirst sehen, wie stabil das Ganze wird.

Komplexe Übungen – Wiederholen, verbessern, wiederholen 

Umso komplexer eine Übung, desto mehr profitiert sie von Wiederholungen – der Körper lernt dazu. Um die Bewegung zu optimieren und diese nicht falsch einzuschleifen, lohnt es sich, ab und an die Kamera rauszuholen oder jemand von außen zuschauen zu lassen, der Feedback gibt. Dennoch ist das innere Körpergefühl sehr wichtig, denn auch was von außen angespannt aussieht, kann vom Körpergefühl ganz anders sein.

Muskel „berühren“ oder tapen

Wenn du einen Bereich nicht fühlst, ist es oftmals gut, den Muskel bei der Übung einfach zu berühren, wenn das anatomisch nicht geht, bitte jemanden anderes. Durch den Hautreiz ist es für das Gehirn wesentlich leichter, weitere Signale in diese Richtung zu senden.
Wenn du in einem Bereich Dysbalancen hast oder Probleme mit der Ansteuerung kann es hilfreich sein, sich ab und an von einem/er Physio tapen zu lassen. Er/Sie kann den Muskel mit dem Tape bereits minimal „voraktivieren“, sodass du bei der Bewegung sofort merkst, wie du die gewünschte Kontraktion weiterführen kannst.

Welche Vorteile hat es die Muscle-Mind-Connection zu optimieren?

Kraftsteigerung durch wenig Anpassung

Wenn du noch nicht viel in diesem Bereich gemacht hast, wirst du sehr schnell Fortschritte in deiner Kraft- und Muskel-Entwicklung sehen.

Effizientes Muskel- & Kraftwachstum

Grundsätzlich trainiert man mit einer hohen Muscle-Mind-Connection effizienter und du wirst mit weniger Aufwand mehr Ergebnis sehen.

Ausgleichen von Asymmetrien und weniger Verletzungen

Trainierst du mit einem bewussteren Körpergefühl, wirst du Asymmetrien ausgleichen und sie auch vorbeugen. Das wird unterm Strich in der Kombination mit dem reduzierten Gewicht zu weniger Verletzungen führen.

Fazit 

Der Artikel macht deutlich, sich mit dem Thema Muscle-Mind-Connection zu beschäftigen ist eine WIN-WIN-Situation. Vor allem auf lange Sicht. Schneller mehr Kraft und weniger Verletzung, das klingt nach mehr Spaß. Wie bei vielem ist es erst mal etwas schwer, die Routinen zu ändern. Wenn man jahrelang vor sich hin trainiert hat und oft nicht bei der Sache war, muss man sich daran erst mal gewöhnen. Aber dies lässt sich auch stufenweise bewältigen – nicht jedes Training muss von Anfang bis Ende optimal und hoch konzentriert sein.

Gerade in der aktuell schwierigen Zeit mit nicht optimalen Bedingungen, geschlossenen Studios und dürftigem Equipment Zuhause kann man mit dem Thema Muscle-Mind-Connection, Bodyweight und Gymnastikbändern eine gute und zufriedenstellende Grundlage halten.