Bewusstes Essen
Menschen sind Gewohnheitstiere. Unsere Verhaltensweisen, insbesondere im Bezug auf Alltägliches wie Essen und Trinken, sind stark von eingefahrenen Routinen geprägt. Was, wann und warum wir essen – vieles davon geschieht automatisch, ohne groß darüber nachzudenken.
Achtsamkeit: Warum esse ich?
„Bewusstes Essen“ ist ein bedeutender Schritt hin zu einem gesünderen Essverhalten: zu erkennen, warum man isst, und nur bei echtem Hunger diesem Impuls nachzugeben. Wer versteht, warum er isst, hat bereits einen großen Teil geschafft.
Essen als Zeitvertreib und Belohnung
Die Volksweisheit „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“ verdeutlicht, dass Nahrungsaufnahme nicht nur Hunger stillt, sondern auch eine emotionale Funktion hat. Oft rückt diese sogar in den Vordergrund: gemütliches Snacken vor dem Fernseher, Naschen aus Stress am Arbeitsplatz, geselliges Schlemmen oder Essen aus Langeweile oder Frust. Diese „emotionalen Kalorien“ lagern sich meist an Bauch und Hüfte an.
Der Hunger des Gehirns veranlasst uns dazu zu essen, weil es laut Uhrzeit „Zeit“ dafür ist.
Bei Augen- oder Nasenhunger kann es helfen, dem Ort der Versuchung fernzubleiben, um den spontanen Appetit zu verlieren. Bleibt dieser hartnäckig bestehen, könnte auch ein Heißhunger oder Herzenshunger im Spiel sein, der uns einflüstert, dass wir uns jetzt etwas gönnen sollten. Herzenshunger ist ein emotionaler Hunger. Wer ihn verspürt, sucht eigentlich etwas, das die „Seele satt macht“.
Umgang mit „falschem“ Hunger
Forscher unterscheiden sieben verschiedene Arten von Hunger. Nur einer davon gilt als „echter Hunger“: der Zellhunger, der den Bedarf an Energie signalisiert.
Der Hunger des Magens lässt sich vertreiben und sogar vorbeugen, indem ausreichend Flüssigkeit getrunken wird. Kalorienfreie Getränke wie aromatisiertes Wasser oder ungesüßter Tee sollten stets griffbereit sein, wenn der Magen knurrt.
Erste Hilfe bei emotionalem Hunger: Ablenkung
Versuche, dich bei Hunger aufgrund emotionaler Not zunächst abzulenken. Oft reicht es schon, für zehn bis zwanzig Minuten etwas anderes zu tun, wie zum Beispiel:
- Sport treiben (Bewegung hebt die Stimmung)
- ein Telefonat führen
- kurz an die frische Luft gehen
- Musik auflegen und eventuell tanzen
- aufräumen
- ein Bad nehmen
Die passende Ablenkung ist individuell verschieden. Wer feststellt, dass er häufig aus Langeweile, Stress oder Frust isst, sollte sich Zeit nehmen und eine Liste von Aktivitäten erstellen, die guttun: die „Anstatt-essen-Liste“. Diese Liste sollte griffbereit sein oder vielleicht sogar am Kühlschrank hängen.
Hinterfragen und beobachten
Eine andere Methode ist es, innezuhalten und sich ehrlich zu fragen: „Helfen mir diese Pralinen/Chips (oder was auch immer es ist), wenn ich sie jetzt esse, wirklich weiter? Wird es mir danach besser gehen? Wie war es beim letzten Mal: Konnte mich das Naschen effektiv trösten/entstressen/beruhigen?“
Höre aufmerksam in dich hinein. Oft folgt nach einem Naschen ein unangenehmes Gefühl – nicht das einer angenehmen Sättigung und Zufriedenheit.
Strategien gegen Heißhunger und Kontrollverlust
- Sehr effektiv gegen Süßhunger sind außerdem Bitterstoffe: 1-2 Tropfen Bittertropfen auf den Handrücken geben oder eine Tasse Wermuttee trinken, um die Lust auf Süßes zu vertreiben.
- Ein einfaches Mittel ist es, ein Stück gefrorene Bitterschokolade langsam zu lutschen – ein bewusstes Geschmackserlebnis über mehrere Minuten.
- Ein weiterer Tipp ist, in eine scharfe Chili zu beißen. Danach ist man vorübergehend abgelenkt.
- Wer das Bedürfnis hat, nur zum beruhigenden Kauen etwas zu haben, kann zuckerfreien Kaugummi verwenden.
- Auch Rohkost kann ein Notanker sein: Karotten, Kohlrabi, Gurke.
Gesundes Essverhalten: Zeit zum Genießen nehmen
Wenn der „echte Hunger“ da ist, sollte man seine Mahlzeit genießen. Essen im Stehen, Gehen oder vor dem Fernseher – all das sollte vermieden werden. Widme dem, was auf deinem Teller liegt, deine volle Aufmerksamkeit.
Gesund essen: 5 Tipps
- Achte auf Portionsgrößen: Eine sättigende Portion sollte nicht größer sein als zwei Fäuste.
- Plane regelmäßige Mahlzeiten, um eine Grundversorgung sicherzustellen.
- Gemüse hat Vorrang: Fülle 50 Prozent deines Tellers damit. Ein Drittel sollte Eiweiß (Fisch, Fleisch, Eier, Hülsenfrüchte) sein. Kohlenhydrate sollten nur das kleine verbleibende Eckchen bedecken – oder können sogar ganz weggelassen werden.
- Kauen gründlich und nimm nur kleine Bissen.
- Mache Pausen, damit das Sättigungsgefühl einsetzen kann.
Essgewohnheiten umstellen
Was aber, wenn trotz Bemühungen um Achtsamkeit die Kontrolle immer wieder entgleitet oder ein hartnäckiges Hungergefühl auftritt, das nicht „echt“ sein kann? In solchen Fällen kann professionelle Unterstützung hilfreich sein, sei es in Form von Ernährungsberatung oder ernährungsmedizinischen Praxen. Besonders bei starkem Übergewicht und/oder Stimmungsschwankungen ist dies wichtig, da zahlreiche Hormone die Steuerung von Appetit und Essverhalten beeinflussen. Bei Personen mit starkem Übergewicht ist dieser hormonelle Regelkreis im Gehirn häufig gestört. Ein Verhaltenstraining kann jedoch – in Verbindung mit einer gesunden Ernährung – dazu beitragen, dass die feine hormonelle Balance des Stoffwechsels wiederhergestellt wird.