„Lieber Körper, es tut mir unendlich leid, dass ich bereit war, dein Wohl zu opfern um gut auszusehen und erfolgreich zu sein. Es tut mir leid, dass ich deine verzweifelten Signale mit meinen Glaubenssätzen überschrieben habe und dass du ans Äußerste gehen musstest, damit ich die Chance hatte, im Innersten zu heilen.
Ich danke dir jeden Tag, dass du mich nicht aufgegeben hast. Ich habe den Weg zurück gefunden. Du bist mein Zuhause, für immer.“
Dies ist der persönlichste Artikel, den ich jemals geschrieben habe und es fällt mir alles andere als leicht ihn zu veröffentlichen.
Es ist ein Artikel über das Scheitern, innere Kraft, über Mut und Einsicht – über eine harten Weg mit einem glücklichen Ende.
Warum dieser Artikel …
Es vergeht kein Tag auf Social Media an dem ich nicht einer Frau begegne, die mich an mich selbst vor einigen Jahren erinnert. Es sind Frauen, die Ziele haben, die sich viel abverlangen – oft zu viel. Es sind starke Frauen, so starke Frauen, dass sie es schaffen komplett gegen ihren eigenen Körper zu arbeiten. Es sind Frauen, die ihr Wissen mit Emotionen überschreiben. Dadurch rücken ihre Ziele oftmals in weite Ferne und es kann gefährlich werden.
Ich hoffe sehr, dass dieser Artikel anderen Frauen hilft – anstatt des langen Wegs – die Abkürzung zu gehen. Und noch viel mehr hoffe ich, dass er denjenigen Hoffnung gibt, die sich im Tal befinden. Es gibt einen Weg auch wenn es sich nicht so anfühlt – „go on, little warrior“!
Wenn man mit Frauen über ihre sportlichen Ziele spricht, steht gutes Aussehen selbstverständlich sehr weit oben. Wie könnte es auch anders sein?! Und ich finde daran ist auch nichts Verwerfliches.
Gut auszusehen impliziert in unser Gesellschaft nach wie vor die höhere Wahrscheinlichkeit glücklich zu sein – ob das den Tatsachen entspricht sei dahin gestellt.
Aber auch Gesundheit wird oft genannt – dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass Viele im Unterbewusstsein bereit sind, dieses Ziel zu opfern.
Und so gibt es unendliche Beispiele von Menschen, die ihr Ziel erreichen, nämlich gut auszusehen, und es mit ihrer Gesundheit bezahlen. Da steht man nun – sieht gut aus und fühlt sich hundeelend.
Dabei ist die Gleichung, die mir leider auch erst sehr spät bewusst wurde eigentlich eine ganz leichte.
Ein gesunder Körper ist ein schöner Körper!
Ich bin der festen Überzeugung, wenn sich Frauen das Thema „Gesundheit“ WIRKLICH als oberstes Ziel setzten und zwar mit ALLEN Aspekten, die dazu gehören, dann würde die absolute Mehrheit automatisch einen Körper haben, der ihnen sehr gefällt.
Gesundheit ist ein sehr komplexes Thema und sie ist die Summe ALLER Teile. Viele Menschen versuchen in manchen Bereichen 100% Prozent zu erreichen und vernachlässigen andere Bereiche hingegen gänzlich. Oder die Bereiche werden getrennt von einander betrachtet. „6x die Woche Sport ist gesund und führt zu gutem Aussehen“ kann funktionieren für jemand der nicht viel anderen Stress in seinem Leben hat. Für jemanden, der ein Unternehmen aufbaut und viele viele Stunden arbeitetet, funktioniert das vielleicht nicht.
2014 – Und so beginnt meine Geschichte
Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, schaffe ich das auch. So war ich schon immer – ein unverwundbarer Kämpfer, hart nach außen mit einem sensiblen, abgeschotteten weichen Kern.
Mein Ziel zur Traumfigur stand schon länger – mit viel Sport und guter Ernährung war ich schon weit gekommen, aber ich wollte noch mehr. Ich wollte den ultimativen Beweis für alle, dass ich „etwas kann“ und die Überwindung meiner eigenen Angst – ich wollte auf die Bühne eines Fitnesswettbewerbs.
Und so nahm ich mir einen professionellen Trainer: 6x die Woche Krafttraining und Cardio. Das Training in Eigenregie war immer sehr intensiv und bei den Personaltrainings, die ich alle 8 Wochen bei ihm in London absolvierte war ein Ende das nicht über der Kloschüssel endete selten.
Im gleichen Jahr fasste ich den Beschluss, mich als studierte Designerin mit einer Firma für gesunde Sporternährung selbständig zu machen – Organic Workout war geboren.
Auch hier wollte ich getrieben von meinen Glaubenssätzen alles geben – Erfolg, Anerkennung und Liebe um jeden Preis. Das hieß lange Arbeitsstunden, viel Koffein und natürlich die tägliche Unterdrückung eines immer müder werdenden Körpers und Geistes – wider meines besseren Wissens.
2015 Vorboten
Im Nachhinein betrachtete, gab es im Jahr 2015 schon einige Vorzeichen dessen was kommen würde. Mein Gewicht war trotz penibler, ioskalorischer und sehr gesunder Ernährung ständig am Steigen und ich wurde immer immer müder, konnte mich zunehmend schlecht Konzentrieren und die Schlafqualität litt stark. Durch den Stress und die dauerhaft hohen Cortisol-Level wurde mein Immunsystem immer weiter unterdrückt. Und im Spät-Sommer war es soweit: trotz eines heftigen Infekts setzte ich mich in ein Flugzeug nach Las Vegas. Der lange Flug, der Jetlag und die hohen Temperaturen gepaart mit den Klimaanlagen und dass ich natürlich nicht locker lies mit dem Training vor Ort, hat mein Immunsystem endgültig in die Knie gezwungen.
2016 – 2017 Welcome to Rock Bottom
Diese zwei Jahre markieren den absoluten Tiefpunkt. Ich schlug körperliche und anschließen psychisch auf dem Boden auf.
Verschiedene gesundheitliche Probleme wie chronische Virusinfekte (Epstein-Barr, HHV6), wurzelbehandelte Zähne, aufgebaute Schwer-Metallbelastungen, Nebennierenschwäche und einiges mehr führten zu einem Krankheitsbild was Mediziner heutzutage als „Chronic Fatigue Syndrom“ (ME/CFS) bezeichnen. Eine Krankheitsbild das schwer nachzuweisen ist, da es über eine „Sammel/Ausschlussdiagnostik“ bestimmt wird. Die Krankheit ist bei den meisten von Folgendem geprägt: übermäßige, schnell einsetzende Müdigkeit und Energielosigkeit, die durch Ruhe nur minimal besser wird, Gelenk- und Muskelschmerzen, Schlafstörungen, geschwollene Lymphknoten, Libidoverlust und vieles mehr. Ein Viertel der Patienten können das Haus nicht verlassen und 60% sind arbeitsunfähig.
Diese Krankheit wird nach wie vor oft von der Gesellschaft angezweifelt und oftmals unter „Psychosomatik“ abgestempelt. Wenn ich von Unwissenden Aussagen höre wie „Ach, ich bin auch oft müde. Stell dich nicht so an …. „ oder „Ist doch schön, da kann man sie ausruhen und viel schlafen“ zerreißt es mir das Herz – denn diese Krankheit mag im Gegenteil zu einer Krebserkrankung nicht so schnell „potentiell fatal“ sein, aber sie nimmt dir Zug um Zug den Lebensmut und das Vertrauen in deinen Körper und kann in „Schubphasen“ absolut grausam sein. So ist die Selbstmordrate unter stark betroffenen ME/CFS Patienten sehr hoch. Wer versuchen möchte, dies nachzuvollziehen, der sollte sich den Film „Unrest“ (Netflix) anschauen. Ein Film der mich nach wie vor im Tiefsten berührt und mit einem Gefühl der absoluten Dankbarkeit erfüllt, dass ich nicht dauerhaft in solch einem extremen Maß betroffen war und dieser Kelch an mir vorüber ging.
Meine Krankheit blieb von außen betrachtetet für viele, bis auf die heftige 14 kg Gewichtszunahme, unbemerkt, denn dies war auch lange meine Taktik mit der ich mich selbst über Wasser hielt: ignorieren, überschreiben und kämpfen. Morgens nach dem Aufstehen, wenn mir die Energie „sprichwörtlich“ anfing aus den Füßen zu fließen und mein „Kopf im Nebel“ absolut unfähig war zu denken, pushte ich mich lange mit Hilfe von Koffein auf ein „Funktionslevel“. Oftmals fand ich mich nach einem Arbeitstag auf allen vieren kriechend oder einfach auf dem Rücken auf dem Boden liegend in unserer Wohnung wieder, aber sehen durfte das niemand, denn „nicht funktionieren“ kam nicht in Frage.
Zudem war ich nach wie vor unendlich hart zu mir selbst und in einem wahnsinnigen Kampf schleppte ich mich oft mit einer unheimlichen psychischen Anstrengung und einem Willen zum Sport – denn auch jetzt war Aufgeben keine Option, war es auch noch so schwer – und ich lies mich immer noch von meinen Glaubenssätzen antreiben, die ich damals wie in Trance nicht erkannte.
Natürlich blieb dies nicht ohne Folgen. So gab es „Trigger“, die mich in die Knie zwangen – übermäßiger Stress bzw. Druck, eine zu intensive Sporteinheit, Großstadt-Luft, lange Flüge oder weniger als 9 Stunden Schlaf – dann blieb nur noch das Bett und an die die Decke starren. Ich wollte mich nicht 1mm bewegen, da einfach alles weh tat, die Schwerkraft unendlich stark war, meine Muskeln lähmte und eine unerträgliche Energielosigkeit im Körper herrschte. ME/CFS Patienten bezeichnen diese Zustand oft als „sich lebendig begraben fühlen“ und genau so fühlt es sich an. Auch dies blieb, vermutlich aus Selbstschutz lange, für jeden außer mir verborgen.
Während der gesamten Zeit hatte ich das unfassbare Glück einen Partner an meiner Seite zu haben, der mir bedingungslos geholfen hat, auch wenn ich ihn oft vor allem aus Scham und Schutz nicht an mein Innerstes heran lies und es für ihn mehr als schwer gewesen sein muss, dies mitanzusehen.
Trotz aller Schwere habe ich niemals die Verantwortung abgegeben, recherchierte in besseren Phasen viel und drehte alle mir ersichtlichen Steine in allen Bereich der Gesundheit um. Dieser Zeit verdanke ich einen sehr sehr grossen Schatz an Wissen, der mir und auch allen geliebten Menschen in meinem Umfeld sehr viel hilft.
Zudem hatte ich ein zweites Mal in der Lotterie gewonnen und hatte die Möglichkeit mit fantastischen Ärzten vor Ort und in der ganzen Welt zusammenzuarbeiten und die verschiedensten Therapienansätze auszuprobieren. Wir kümmerten uns schrittweise um jeden Bereich – mit bis zu 40 Supplementen täglich, Phytotherapeutika, Homöopathie, Infusionstherapie, 3 Zahn-Ops, Entgiftungstherapien, Akkuptuktur und vielem, vielem mehr.
Dies hat mir im Jahr 2017 in kleinen Schritten körperlich sehr viel geholfen. Dennoch sollte es bis Mitte 2018 brauchen bis ich den letzten und sehr wichtigen Schlüssel und Baustein gefunden hatte, der mir wirklich ins Leben zurück geholfen hat.
So positiv die Fortschritte körperlich im Jahr 2017 waren, so herausfordernder waren die psychischen Folgen. In den letzten Jahren im „Überlebens-Modus“ war nicht viel Platz, das ganze im Kopf zu verarbeiten und es war einfach nur Kämpfen angesagt. Im Nachhinein musste ich mir eingestehen, dass die Depression aus der ich mich kämpfen musste neben einer „schiefen Gehirnchemie“ (vermutlich aufgrund des Viruses) wohl tatsächlich aus einem Trauma der Krankheit und der Momente entstanden war, die ich immer mit mir selbst ausgemacht hatte.
Erst sehr, sehr viel später wurde mir bewusst wie sehr ich gelitten hatte, wieviel Selbstvertrauen und gefühlte Unabhängigkeit ich verloren hatte – eine sehr zerstörerischere Kraft und ein langer Weg zurück, der mich auch heute noch beschäftigt.
Ein weiteres, treibendes Thema war, dass ich komplett vergessen hatte wie es sich anfühlt zu leben, richtig denken zu können und Energie zu haben. Diese Gefühle sollte ich erstmals wieder Ende des Jahres 2018 wirklich fühlen – mein Geburtstag am 1.11.18 empfinde ich daher als meine Wiedergeburt.
2018 Mindset is key
In den Jahren meiner Krankheit habe ich mich extrem gut und gesund ernährt, habe im Schnitt 9 Stunden geschlafen, meditiert, hatte eine top medizinische Versorgung und hab auch anderweitig sehr vieles mehr als vorbildlich gemacht. Dennoch haben mich die Faktoren Glaubenssätze und Stress – körperlich und psychisch – davon abgehalten wirklich zu heilen.
Ich vermute viele Ärzte haben meinen Willen und die Intensität, die ich beim Sport trotz der heftigen Energielosigkeit aufbrachte unterschätzt, denn das erste Sportverbot erhielt ich erst 2018 von einer Immunologin zusammen mit einem neuen Ansatz gegen den Epstein-Barr-Virus, der nach wie vor mein Immunsystem im Griff hatte.
In einer Messung kam heraus das ich im Gegensatz zu vielen Menschen die dauerhaft sympathikus-dominant (vereinfacht: im Stress-Modus) sind, parasympathikus-dominant war. Und zwar nicht weil ich so „enspannt“ war, sondern weil mein Körper es nur noch spärlich schaffte das sympathische Nervensystem zu aktivieren. Von daher musste es komplett geschont werden.
Zwölf Wochen keinen Sport – das war erstmal eine Katastrophe für meinen Kopf und wurde erst später zum größten Geschenk. Mein Körper veränderte sich wahnsinnig, ganz ohne Sport formte er sich in die Proportionen zurück so wie er von Natur aus sein wollte und nicht wie ich lange versucht hatte ihn „hinzudrillen“. Die Energie kam langsam zurück und mit ihr eine Klarheit im Kopf und ich konnte sehen was passiert war und was mich getrieben hatte.
Seit dieser Zeit habe ich angefangen, mich viel intensiver mit dem Thema Mindset und Selbstliebe zu beschäftigen. Auch hier hatte ich wunderschöne Begegnungen mit tollen Menschen, die für mich da waren und in sehr intensiven Coachings an verschiedene Themen herangeführt haben. Dies gab mir oftmals wertvolle Impulse und die Chancen der Einsicht – die dann selten einfach waren.
Nach allem halte ich den Mindset für einen sehr wichtigen, wenn nicht DEN wichtigste Baustein beim Thema Gesundheit.
Denn mit dem falschen Mindset kannst du alles zugrunde richten und mit einem guten Mindset die besten Entscheidungen im Sinne der Gesundheit fällen.
Es ist eine große Chance, aber auch eine große Herausforderung, die nur DU selbst meistern kannst. Dein Mindset ist deine Verantwortung
Anzufangen von Innen nach Außen zu leben statt umgekehrt zwingt dich gnadenlos ehrlich und dennoch liebevoll mit dir selbst umzugehen.
Fazit
Er war alles andere als leicht und dennoch bin ich mehr als dankbar für meinen Weg. Ich habe unendlich viel (über mich) gelernt, bin gewachsen und habe Wunden in mir geheilt, von denen ich dachte, dass sie zu mir gehören, aber mich in Wirklichkeit davon abgehalten haben, die Person zu sein, die ich bin.
Natürlich bleibt solch eine Geschichte nicht ohne Folgen und man hat sein Leben lang „Schwachstellen“ auf die man achten muss. Aber diese sind mit einem neuen Verständnis von Gesundheit, Selbstliebe, „gelernter“ Weichheit und sehr viel Wissen gut zu meistern.
Heute habe ich einen gesunden Körper und es ist ein schöner Körper!
Ich möchte mich aus tiefstem Herzen, bei einer Person bedanken, die diesen Artikel wohl niemals lesen wird – ohne dich hätte ich es nicht geschafft.
Ich danke allen Wegbegleiter, die mir geholfen haben ohne es zu wissen.
Ich danke allen schicksalshaften Begegnungen.
Ich danke mir selbst für die Kraft immer wieder aufzustehen und den Mut, dem innersten Schmerz gegenüberzutreten.